Cover
Titel
Frauen in Bewegung. Diskurse und Dokumente der österreichischen historischen Frauenbewegung 1848 - 1918.
Herausgeber
Christa Bittermann-Wille, Christa <christa.wille@onb.ac.at>; Hofmann-Weinberger, Helga <helga.hofmann@onb.ac.at>
Veröffentlicht durch
Österreichische Nationalbibliothek: Wien, AT
Enthalten in
Von
Martina Gugglberger, Institut für Frauen- und Geschlechterforschung, Universität Linz

Die Geschichte der Frauenbewegungen ist mittlerweile ein thematischer Klassiker der Frauengeschichte. Das Engagement von Frauen für Gleichberechtigung und politische Partizipationsmöglichkeiten kann auf eine mehr als 200jährige historische Tradition verweisen. Nicht nur die neue Frauenbewegung der 1960er/70er hat versucht ihren Anliegen in zahlreichen Zeitschriften, Petititonen, Flugblättern, Aufrufen etc. Gehör zu verschaffen. Bereits im 18. und 19. Jahrhundert traten frauenbewegte Aktivistinnen mit Forderungen nach Frauenbildung, Frauenwahlrecht und besseren Arbeitsbedingungen für Frauen in der Öffentlichkeit auf. In Österreich bzw. dem deutschsprachigen/cisleithanischen Teil der Habsburgermonarchie wird der Beginn der „alten Frauenbewegung“ mit der Gründung des „Ersten Wiener Demokratischen Frauenvereins“ im August 1848 datiert. In den folgenden Jahrzehnten des 19. und 20. Jahrhunderts formierten sich zahlreiche Vereine und Zusammenschlüsse mit bürgerlichem, sozialdemokratischem, katholischem, liberalem und deutschnationalem Hintergrund, in denen Protagonistinnen wie Adelheid Popp, Marianne Hainisch oder Auguste Fickert federführend waren. Etliche Zeitschriften bildeten die Öffentlichkeit für den Aktionsradius der „Frauenvereine“. Die Österreichische Nationalbank hat sich zum Ziel gesetzt, ihre Bestände zur Frauenbewegung von 1848 bis 1919 in einer Datenbank online zur Verfügung zu stellen. „Frauen in Bewegung – Diskurse und Dokumente der österreichischen historischen Frauenbewegung 1848 – 1918“, so der Titel des Projektes, ist ein thematischer Schwerpunkt der Online-Datenbank ARIADNE, die sich seit 1992 speziell dem Sichtbarmachen des frauenspezifischen Bestandes der Nationalbibliothek widmet.

Auf der Startseite von „Frauen in Bewegung“ führen vier Fotos und eine Link-Liste in die Struktur der Web-Site ein. Zwei thematische Schwerpunkte beinhaltet das Projekt: Erstens Daten, die den historischen Kontext der „alten Frauenbewegung“ beleuchten und zweitens Original-Dokumente zur Frauenbewegung zum Downloaden.

1) Kontext-Informationen zur Frauenbewegung:
Die Fotos von Eugenie Schwarzwald, Bertha Zuckerkandl-Skeps, Hertha Sprung und vom Denkmal Auguste Fickerts auf der Startseite stehen stellvertretend für den reichhaltigen Fundus an gesammelten biografischen Daten des Online-Projekts. Die Bilder dienen als direkter Link zu den vier genannten Kurz-Biografien. Zur Darstellung des historischen Kontexts dienen in der Folge die Hyperlinks „Chronologie“, „Persönlichkeiten“, „Vereine und Organisationen“, „Schulen und Bildungseinrichtungen“, „Frauenzeitschriften“ und „Begleittexte“. Weiters informiert ein Link zum „Projekt“ und ein anderer verweist auf das Jahr 1905 („Was geschah vor 100 Jahren?“).

Der Link „Chronologie“ auf der Hauptauswahlseite verknüpft eine Seite mit abrufbaren Jahreszahlen von 1841 bis 1920, wobei bislang nur die Jahre von 1848 bis 1919 auch tatsächlich aktiv mit Inhalten verlinkt sind. Historische Schlaglichter in Kurzfassung auf die österreichische und internationale Frauenbewegung können damit chronologisch nach Jahren abgerufen werden. Dabei werden wichtige Vereins-, biografische- und Gründungsdaten ebenso wie Veröffentlichungen mit der Datenbank verwoben.
Unter „Persönlichkeiten“ eröffnet sich eine ausführliche und breite biografische Datenbank die alphabetisch ansteuerbar ist. Die biografischen Angaben und Fotos beziehen sich auf Auszüge aus Beständen der Österreichischen Nationalbibliothek, die zitiert werden. Die Bilddokumente stammen durchwegs aus dem Bildarchiv der Nationalbibliothek, sind jedoch leider weder datiert noch weisen sie eine detailliertere Beschreibung auf. Dementsprechend vermisst die Rezensentin auch einen Bildindex, sowie den Hinweis auf einen Bestand bzw. eine geplante Erfassung von ikonografischen Quellen wie Plakate, Postkarten und Karikaturen. Biografische Informationen werden weiters vertieft durch eine Werkliste, Sekundärliteratur und Hinweise auf Nachlässe sowie Autographen.

Auch die zwischen 1848 und 1918 existierenden und gegründeten „Schulen und Bildungsanstalten“ und „Frauenvereine und –organisationen“ auf dem Gebiet der seit 1867 konstituierten Österreichisch-Ungarischen Monarchie sind jeweils via alphabetischem Index ansteuerbar, der über die gleichlautenden Links erscheint. Eine Zusammenstellung von Dokumenten und Sekundärliteratur porträtiert die jeweilige Bildungs-Einrichtung.

Für einen Überblick über sämtliche im Zeitraum von 1848 bis 1919 erschienenen „Frauen-Zeitschriften“ verlinkt die Seite auf ein anderes Teilprojekt von ARIADNE: der Übersicht über historische Frauen-Zeitschriften. Steckbriefartig werden sämtliche Zeitschriften mit Titel, HerausgeberInnen, Erscheinungszeitraum etc. beschrieben und sind mit entsprechenden ÖNB-Signaturen versehen, bzw. mit einem Link zur digitalen Volltext-Version. Wer eine detailliertere Inhaltsübersicht möchte, bekommt dies via Link zu einer alphabetischen Artikelaufstellung aller Jahrgänge.

2.) Online-Dokumente
Als zweiter Schwerpunkt der Site sind unter der Rubrik „Dokumente“ Volltext-Dokumente online abrufbar und durch einen thematischen, alphabetischen und chronologischen Index strukturiert. Eine „Auswahlbibliographie“, eine „Biobibliographie“ und „Weiterführende Links“ ergänzen das Angebot.

Für historisch Interessierte genauso wie für HistorikerInnen ermöglicht diese Datenbank eine effiziente Recherche zu biografischen Daten wie zu Originalquellen. Als Kernstück des Web-Angebots sind bislang eine Vielzahl an Dokumenten und Schriften in Volltext-Version, das heißt eingescannt, als Bilddatei verfügbar. Dies ermöglicht ein virtuelles Durchblättern sowie Ausdrucken von Monographien, Frauenzeitschriften oder beispielsweise Jahresberichte von Frauenvereinen. Das Projekt „Frauen in Bewegung“ kooperiert für dieses Service mit dem Web-Server des Projektes „Austrian Literature Online“ (ALO), auf dem die digitalen Volltext-Versionen liegen. Neu hinzugefügte digitale Volltext-Versionen sind auf der Startseite als Laufbanner angekündigt, wie aktuell die „Arbeiterinnen-Zeitung“ und die „Mitteilungen der Vereinigung der arbeitenden Frauen“, die seit kurzem digital zugänglich sind. Einmal erfasst, können somit über die Web-Page „Frauen in Bewegung“ Dokumente zu Themen wie Frauenbildung, Frauenwahlrecht, Frauenerwerbstätigkeit, Sexualmoral, Mutterschaft etc. als Image-Files von allen interessierten Web-Usern gelesen und verwendet werden. Dies erspart in manchen Fällen einen reellen Besuch der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien und erlaubt für wissenschaftliche Recherchen eine sinnvolle Vorauswahl bereits im Vorfeld. Vergessene Werke werden zudem nicht nur sichtbar gemacht, sondern im gleichen Zuge können durch die Digitalisierung Archivbestände geschützt werden.

Das optische Design der Web-Site ist sehr einfach und nüchtern gehalten. Die Seite funktioniert und versteht sich als Datenbank und genauso präsentiert sie sich auch. Der grau-linierte Hintergrund erfährt zwar durch die lila unterlegten Überschriften ein wenig Farbe, eine ausgeprägtere grafische Gestaltung wäre im Sinne einer besseren Übersichtlichkeit jedoch wünschenswert, vor allem hinsichtlich der Navigation. Diese gestaltet sich teilweise als mühsam, da die Strukturelemente nur über eine Fußzeile anwählbar sind. Hier ist zu bemerken, dass die Links auf der Startseite mit der Fußzeilennavigation in ihren Bezeichnungen nicht immer übereinstimmen. So kann der historische Kontext einmal unter „Geschichte“, ein anderes Mal unter „Chronologie“ ausgewählt werden. Für die Suche nach gezielten Inhalten sind die verschiedenen indexologischen Zugänge sehr nützlich und bieten zudem sofort eine Übersicht über das Vorhandensein einer Volltext-Online-Fassung. Ein großes Plus des Projektes ist, dass für eine weiterführende Recherche in der Österreichischen Nationalbibliothek die entsprechenden Signaturen angefügt sind. Eine Suche nach Stichworten erlaubt eine pico-Suchmaschine, die jedoch recht unbefriedigende Ergebnisse liefert und außerdem teilweise mit Werbebannern versehen ist. Von der Seite mit den Suchergebnissen fehlt außerdem ein Direktzugang zur Navigationsleiste.

Sieht man davon ab, dass die englische Übersetzung auf der Startseite noch nicht aktiviert ist, zeichnet sich die Seite durch eine hohe Funktionalität als Datenbank mit vielfältigen Inhalten und direktem Zugang zu vollerfassten Originalquellen aus. Die Seite „Frauen in Bewegung“ ist sehr zu empfehlen und eine Ausdehnung auf Dokumente nach 1919 absolut wünschenswert.

Redaktion
Veröffentlicht am
Redaktionell betreut durch